Beim Bund verdient man 12 Prozent mehr als in der Privatwirtschaft
- Yannick Güttinger
- 13. Juni 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Juli

Bundesbeamte verdienen im Durchschnitt 12 Prozent mehr als ihre Kollegen in der Privatwirtschaft mit gleichen Voraussetzungen.
Dies zeigt eine Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern anhand einer Analyse mehrerer Datensätze. Sie bestätigt frühere Ergebnisse (siehe hier).
Warum das wichtig ist: Der Staat gehört zu den grössten Arbeitgebern in der Schweiz und ist damit «Taktgeber auf dem Arbeits- und Bildungsmarkt».
Wenn er mit systematisch höheren Löhnen werben kann, verzerrt dies den Wettbewerb um Arbeitskräfte.
Die Veröffentlichung dieser Studie erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt, da der Bund sparen muss.
Worauf zu achten ist: Statistiken zeigen bereits, dass die Gehälter im öffentlichen Sektor im Durchschnitt höher sind als in der Privatwirtschaft.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob Arbeitnehmer mit gleicher Qualifikation im öffentlichen Dienst mehr verdienen als in der Privatwirtschaft.
Deshalb wurde untersucht, wie sich die Gehälter bei gleicher Ausbildungsdauer, gleicher Studien- und Berufsrichtung, gleichem Alter, gleichem Pensum, gleichem Geschlecht und weiteren Merkmalen unterscheiden.
Nicht berücksichtigt wurden weitere Vorteile der Beamten wie diverse Zulagen, Spesenvergütungen und eine eigene Bank.
Das sind die wichtigsten Punkte:
Bundesbeamte verdienen im Durchschnitt 11,6 Prozent mehr als ihre Kollegen mit gleicher Qualifikation in der Privatwirtschaft (Durchschnittslohn Privatwirtschaft: 92’723 Franken, Bundesverwaltung: 118’457 Franken).
Diese Verwaltungslohnprämie hängt von verschiedenen Faktoren ab: So haben etwa Frauen beim Bund eine durchschnittliche Lohnprämie von 14.4 Prozent, Männer von 11 Prozent.
Die höchsten Lohnprämien finden sich am unteren Ende der Lohnskala (19 Prozent), die niedrigsten am oberen Ende (4 Prozent).
Die Lohnprämie steigt mit zunehmendem Alter und der Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Die Verwaltungslohnprämie existiert auf allen Staatssebenen, ist aber auf den unteren Ebenen erheblich geringer (Kantone: zwischen 2.3 Prozent und 5.4 Prozent, Gemeinden: zwischen -0.5 Prozent und 4.5 Prozent).
Aufgefallen: Der Bund fördert indirekt die Teilzeitarbeit: Wer beim Bund mit einem tieferen Pensum (unter 80 Prozent) arbeitet, profitiert von einer höheren Lohnprämie.
So verdient ein Teilzeitbeamter 18 Prozent mehr als sein Pendant in der Privatwirtschaft.
Wer mehr als 80 Prozent arbeitet, hat jedoch lediglich einen Lohnvorteil von sieben Prozent gegenüber einer Anstellung in der Privatwirtschaft.
Verteilung der Löhne in den Verwaltungen und im privaten Sektor von 2017 bis 2022

Hintergrund: Im öffentlichen Sektor gibt es oft weniger Wettbewerb, was weniger Druck auf Effizienz und Kosten ausübt.
Dies kann zu höheren Löhnen führen, weil der Staat nicht denselben Marktmechanismen unterliegen wie private Unternehmen.
Zudem spielen im öffentlichen Sektor auch Fairness- und Gerechtigkeitsprinzipien eine grössere Rolle bei der Lohnfestsetzung.
Darüber hinaus können Regierungen die Beschäftigung im öffentlichen Sektor auch nutzen, um ihre politische Unterstützung zu erhöhen, indem sie die Arbeitslosigkeit verringern und sich die Stimmen der Beschäftigten im öffentlichen Sektor durch eine Lohnprämie sichern.
Das sind die Folgen: Die Lohnunterschiede führten zu Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt, da sich private Arbeitgeber und Berufsanfänger an den höheren Löhnen im öffentlichen Sektor orientieren müssten, so die Studie.
Private Arbeitgeber, die junge Arbeitskräfte suchen, seien gezwungen, ihre Löhne über den Marktlohn anzuheben oder ihren Bedarf durch Fachkräfte aus dem Ausland zu decken.
Junge Menschen würden sich für Studienfächer entscheiden, die sie nicht gewählt hätten, wenn der Staat als Arbeitgeber nicht entsprechend attraktive Arbeitsplätze geschaffen hätte.
Fazit: Angesichts der ansteigenden mit dem Dienstalter ansteigenden Lohnprämie fragt die Studie:
«Der Verbleib in der Verwaltung und das Älterwerden werden belohnt. Es stellt sich die Frage, ob ein Lohnsystem, das auf mehr Arbeitsmarktmobilität ausgerichtet ist, nicht allen Parteien – der Privatwirtschaft, dem Staat und den Arbeitnehmern – dienen würde, ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen.»
Die Verwaltungslohnprämie ist besonders hoch für die Leute, die am wenigsten verdienen. Dies könne, so die Autoren, als Indiz dafür gewertet werden, dass staatliche Lohnpolitik auch Sozial- und Gesellschaftspolitik sei:
«Soll der Staat als Arbeitgeber stets gleich tiefe Löhne setzen dürfen, wie es private Unternehmen tun?» Diese Frage lassen die Autoren offen.
Dieser Beitrag wurde zuerst im «Nebelspalter» veröffentlicht. Siehe hier: Link
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