Bevölkerungswachstum 2024: 38'000 neue Wohnungen notwendig
- Yannick Güttinger

- 22. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Juli

Die ständige Bevölkerung der Schweiz hat durch Migration im Jahr 2024 um 83'392 Personen zugenommen.
Warum das wichtig ist: Mehr Menschen bedeuten mehr Bedarf an Wohnraum, Infrastruktur, Energie und Gesundheitsversorgung.
Was damit nötig wird: (im Schnitt):
Wohnen: 37'905 neue Wohnungen (Durchschnitt: 2,2 Personen pro Haushalt, Quelle: BfS, Stand: 2022).
Fläche: 4'630 Fussballfelder an zusätzlichem Siedlungsraum (396,4 m² pro Person, Quelle: BfS, Stand: 2018).
Verkehr: 44'615 zusätzliche Autos (Motorisierungsgrad: 535 Autos pro 1'000 Einwohner, Quelle: BfS, Stand: 2023).
Spitäler: 350 zusätzliche Spitalbetten (Spitalbettendichte: 4,2 pro 1'000 Einwohner, Quelle: BfS, Stand: 2022).
Gesundheitsversorgung: 384 neue Ärzte (Dichte: 4,6 pro 1'000 Einwohner, Quelle: FMH, Stand: 2023).
Pflegepersonal: 2'135 neue Fachkräfte (Pflegedichte: 25,6 pro 1'000 Einwohner, Quelle: BAG, Stand: 2019).
Stromversorgung: 526 Gigawattstunden zusätzlicher Strombedarf, was der Produktion von 88 Windrädern entspricht (Verbrauch pro Kopf: 6’308 kWh, Quelle: BFE, Stand: 2023)
Kontext: Das Bevölkerungswachstum wird durch Migration sowie durch Geburten und Todesfälle bestimmt. Die Infrastruktur muss entsprechend mitwachsen, um Engpässe zu vermeiden.
So sieht die Realität aus (jeweils aktuellste verfügbare Zahlen):
Wohnungsbau hinkt hinterher: Mit nur 35'900 Baubewilligungen im Jahr 2023 liegt der tatsächliche Ausbau bereits unter dem theoretischen Bedarf von 37'905 zusätzlichen Wohnungen. Und der Wohnungsbau ist rückläufig: bei Einfamilienhäusern (minus 14 Prozent) und Mehrfamilienhäusern (minus sieben Prozent).
Fahrzeugbestand wächst im Gleichschritt mit der Bevölkerungszahl: Die Zunahme von 0,93 Prozent bei zugelassenen Fahrzeugen entspricht ziemlich genau dem Bevölkerungswachstum. Ende 2024 waren 7'049'287 Fahrzeuge registriert.
Spitalbetten: Während der theoretische Bedarf um 384 Betten steigt, zeigt der langfristige Trend in die andere Richtung – von 2010 bis 2022 wurden etwa 1'000 Betten abgebaut.
Ärzteversorgung übererfüllt: Mit einem Plus von 1'100 Ärzten (plus 2,3 Prozent) im Jahr 2023 wurde der theoretische Mehrbedarf von 384 deutlich übertroffen. Die Gesamtzahl stieg auf 41'100 aktive Ärzte.
Überraschung beim Stromverbrauch: Trotz Wirtschaftswachstum (plus 0,7 Prozent) und steigender Bevölkerungszahl sank der Stromverbrauch 2023 um 1,7 Prozent auf 56,1 Milliarden Kilowattstunden – hauptsächlich dank Effizienzsteigerungen in der Industrie.
Der internationale Vergleich (Auswahl): Die Bevölkerung der Schweiz wächst jedes Jahr schneller als in den meisten Nachbarländern.
Spitzenreiter: Norwegen (plus 1,12 Prozent, Stand: 1.1.24) und die Schweiz (plus 0,93 Prozent, basierend auf Nettomigration, Stand: 1.1.25) führen das Feld an.
Mittelfeld: Österreich (plus 0,64 Prozent, Stand: 31.10.23), Belgien (plus 0,57 Prozent, Stand: 1.1.24) und Niederlande (plus 0,57 Prozent, Stand: 1.1.25) sowie Dänemark (plus 0,53 Prozent, Stand: 1.1.25) zeigen ein moderates Wachstum.
Schlusslichter: Deutschland (plus 0,31 Prozent, Stand: 30.6.24), Frankreich (plus 0,25 Prozent, Stand: 1.1.24) wachsen deutlich langsamer.
Sonderfall: Italien verzeichnet einen Bevölkerungsrückgang (minus 0,04 Prozent, Stand: 1.1.24).
Was bedeutet das: Die Schweiz steht vor der Herausforderung, ihre Infrastruktur schneller auszubauen als die meisten europäischen Nachbarn. Besonders beim Wohnungsbau und der Mobilität zeigen sich bereits heute Engpässe.
Meine Einschätzung: Experten, Politiker und Kommentatoren in Bundesbern atmen auf und klopfen sich auf die Schultern: Die Nettozuwanderung beträgt nur noch 83'392 Personen – gegenüber knapp 100’000 im Jahr 2023. Welch ein Erfolg! Doch die Schweiz wächst immer noch dreimal so schnell wie Deutschland, der Wohnungsbau hinkt hinterher, auf den Autobahnen fahren immer mehr Autos, Grünflächen weichen Siedlungsflächen. Und das, obwohl alle Welt von Nachhaltigkeit spricht. Eine durchschnittliche Schweizer Kleinstadt wie St. Gallen kommt jedes Jahr dazu – nicht immer mit der entsprechenden Infrastruktur. Das ist Realpolitik à la Suisse.
Dieser Beitrag wurde zuerst im «Nebelspalter» veröffentlicht. Siehe hier: Link














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